Sie haben den Begriff „Oligohydramnion“ in Ihrem Mutterpass entdeckt, aber wissen nicht, was er bedeutet? Dann klären wir Sie in diesem Beitrag gerne darüber auf.
In diesem Ratgeber erfahren Sie
- wann ein Oligohydramnion vorliegt
- wie viel Fruchtwasser normal ist und welche Funktion sie hat (mit Normwerte-Tabelle AFI)
- anhand welcher Symptome und Anzeichen Sie einen Mangel erkennen
- welche Gründe und Folgen der Mangel hat
- welche Methoden zur Behandlung es gibt
Kapitelübersicht
Oligohydramnion: Was bedeutet zu wenig Fruchtwasser?
Ein Oligohydramnion bezeichnet einen Fruchtwassermangel. Liegt die Fruchtwassermenge in der Fruchtblase im 3. Trimenon unter 500 ml oder liegt der Fruchtwasserindex (AFI) unter 5 cm, dann ist eine Schwangere davon betroffen. Diese Form der Fruchtwasseranomalien tritt bei ungefähr 1,7 bis 7 Prozent aller Schwangerschaften auf.
Das Gegenstück zum Oligohydramnion ist das (Poly-)Hydramnion. Dieses liegt vor, wenn eine Schwangere zu viel Fruchtwasser hat. Das komplette Fehlen von Fruchtwasser wird als Anhydramnion bezeichnet.
Grundsätzlich sollten Schwangere an allen Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen und Kontrolluntersuchungen beim Frauenarzt teilnehmen. Nur so können mögliche Komplikationen und Fehlentwicklungen rechtzeitig erkannt werden. Die Veränderungen werden direkt im Mutterpass eingetragen und bei den nächsten Untersuchungsterminen berücksichtigt.
Welche Funktion hat das Fruchtwasser?
Das Fruchtwasser ist eine Flüssigkeit, die sich ab der 4. SSW durch Ultrafiltration des mütterlichen Plasmas und der Sekretion des Amnionepithels bildet. Ab der 12. SSW kann der Fetus diese mit seinen Nieren und seiner Lunge selbstständig bilden.
Es dient dazu, Verwachsungen mit der Fruchtblase zu verhindern und das Embryo vor Stößen zu schützen. Die „Airbag-Funktion“ puffert Stöße ab und ermöglicht dem Fötus gleichzeitig schwerelose Bewegungen.
Fruchtwasser-Normwerte in der Tabelle: Wie viel ist normal?
Der 4-Quadranten-Fruchtwasserindex (AFI – Amniotic Fluid Index) ist eine Messmethode mittels Sonographie (Ultraschall), um die Fruchtwassermenge zu bestimmen.
Da zu viel oder zu wenig Fruchtwasser mit erheblichen Risiken verbunden sind, sollte der AFI durch den Frauenarzt kontrolliert werden.
Dazu teilt der Arzt theoretisch die Gebärmutter in vier Räume auf, die nacheinander per Ultraschall auf Fruchtwasser untersucht werden. Die Schnittstelle der Achsen bildet der Bauchnabel der Schwangeren. Die in vertikaler Ausdehnung größten Areale werden dabei vermessen. Die Durchmesser zusammenaddiert, ergeben den Wert des Fruchtwasserindex.
Die Normwerte des Fruchtwasserindex werden in der nachfolgenden AFI-Tabelle noch einmal genauer veranschaulicht:
Fruchtwassermenge bei einem gesunden Schwangerschaftsverlauf
Ab dem ersten Trimenon bis etwa zur 10. SSW bleibt die Fruchtwassermenge mit etwa 30 ml konstant. In der Frühschwangerschaft beginnt die Menge zu steigen und beträgt in der 12. SSW etwa 60 ml.
Ab der 20. SSW steigt die Flüssigkeit erneut auf rund 400 ml an und erreicht ihren Höhepunkt mit 1000 ml etwa in der 30. SSW bis 34. SSW.
Von nun an sinkt die Menge bis zum errechneten Geburtstermin wieder ab und beträgt bis dahin etwa 800 ml. Bei einer länger andauernden Schwangerschaft bis zur 42. SSW ist nur noch mit einer Menge von 500 ml zu rechnen.
Oligohydramnion: Diagnose und Anzeichen für zu wenig Fruchtwasser
Die Anzeichen für zu wenig Fruchtwasser sind im Alltag nur schwer sichtbar. Deshalb stellt der Arzt die Diagnose mittels sonographischer Messung meist zufällig.
Manchmal werden auch eine Farbdopplersonografie der Umbilikalarterie und eine Ultraschalluntersuchung zur Beobachtung der Entwicklung des Fötus vorgenommen.
Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung erkennt der Arzt schnell, ob eine bestimmte Behandlungsmethode nötig wird.
Typische Anzeichen und Symptome für zu wenig Fruchtwasser sind:
- die Gebärmutter ist für die entsprechende Schwangerschaftswoche viel zu klein entwickelt
- die Bewegungen des Fötus in der Gebärmutter sind eingeschränkt (Platzmangel)
- der Babybauch wächst kaum noch (Gewichtskurve in der Schwangerschaft verändert sich nicht mehr)
- ggf. ist Tinnitus wahrzunehmen
Welche Gründe und Folgen hat zu wenig Fruchtwasser?
Ein Oligohydramnion kann verschiedene Ursachen haben, die entweder bei der Mutter oder bei ihrem Kind liegen. Die häufigsten Ursachen sind:
- Drogen
- Einnahme bestimmter Medikamente während den letzten 6 Schwangerschaftsmonaten (ACE-Hemmer, Captorpril, Enalapril, NSAR (Aspirin, Ibuprofen))
- intrauterine Infektionen
- Kind scheidet zu wenig Urin aus (Fehlbildung der Ausscheidungsorgane)
- Zwillingsschwangerschaft (Zwillingstransfusionssyndrom)
- Plazentainsuffizienz
- Schwangerschaft dauert zu lange (überschreitet die 40. SSW)
- vorzeitiger Blasensprung
- Wachstumsstörungen des Kindes
Ein unbehandeltes Oligohydramnion kann zu schwerwiegenden Folgen führen. Häufige Risiken sind:
- Entwicklung von Fehlstellungen beim Kind, wie z.B. Schiefhals, Fußfehlstellungen (Hackenfuß)
- erhöhtes Geburtsrisiko
- intrauterine Wachstumsretardierung
- Organschäden
- Schwangerschaftskomplikation oder Geburtskomplikation
- verzögerte Lungenreifung des Fötus
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Oligohydramnion: Behandlungsmöglichkeiten
Liegt bei Ihnen ein Oligohydramnion vor, gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Behandlung. Meist ist es bereits ausreichend, mehr Wasser zu trinken. Dadurch kann die Fruchtwasser-Produktion angeregt werden. In den meisten Fällen lassen sich Komplikationen medizinisch gut behandeln, wenn sie frühzeitig erkannt werden.
Weitere Maßnahmen zur Behandlung sind:
- Auffüllen von Fruchtwasser durch Katheter (Amnioninfusion mit Zucker-Kochsalzlösung)
- Einleitung der Geburt bei zu wenig Fruchtwasser nur, wenn das Kind reif genug ist
- die Geburt erfolgt bei zu wenig Fruchtwasser per geplantem Kaiserschnitt
Bei einem Oligohydramnion muss der Fötus wöchentlich überwacht und mindestens alle 4 Wochen eine Sonographie durchgeführt werden.
Die betroffene Frau sollte auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung achten und verbotene Lebensmittel in der Schwangerschaft meiden. Zudem ist das Rauchen von Zigaretten, sowie der Konsum von Alkohol und Drogen verboten. Um Stress zu reduzieren, sollten Entspannungsübungen regelmäßig durchgeführt werden.
Quellen
Die Geburtshilfe; 3. Auflage; Schneider, H.; Wolf Husslein, P.; Schneider, K.-T.M.; Springer Medizin Verlag, 2006
https://www.amboss.com/de/wissen/Fruchtwasseranomalien
http://www.embryology.ch/allemand/fplacenta/amniotique01.html
https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/gyn%C3%A4kologie-und-geburtshilfe/schwangerschaftsanomalien/oligohydramnion
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